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Instagram hat mit der Anfang August 2016 vorgestellten Funktion Instagram Stories einen Großangriff auf das bei vielen Unternehmen eher unbeliebte Netzwerk Snapchat gestartet und damit Content, der nach einer gewissen Zeit einfach verschwindet, in den Social-Media-Mainstream gebracht. Obwohl es sich um ein 1-zu-1-Plagiat der wesentlichen Snapchat-Funktionen handelt, gibt es doch Unterschiede.

Snapchat gibt es bereits seit 2011. Facebook hat erfolglos versucht, es für drei Milliarden US-Dollar zu kaufen und seither mehrfach ebenso erfolglos Apps herausgebracht (und wieder eingestampft), die Snapchat Konkurrenz unter jungen Leuten machen sollten. Immer ist es damit gescheitert – die Aktivitäten junger Leute wandern seit Jahren weg von Facebook (und seit Kurzem sogar von Instagram) und hin zu Snapchat. Jetzt die Facebook-Tochter Instagram mit einer Nutzerbasis von über 500 Millionen aktiven Nutzern (zum Vergleich: Snapchat hat etwa 120 Millionen) zu einer Art Snapchat-Klon umzubauen, ist zwar ethisch betrachtet erbärmlich, aber wirtschaftlich folgerichtig.

Gemeinsamkeiten

Beide – Instagram Stories wie Snapchat – entfalten ihren Charme ausschließlich über den Einsatz von wenige Sekunden langen Videoclips im Hochformat. Die Aufnahmen entstehen am Smartphone, sind in aller Regel sehr spontan produziert und werden direkt nacheinander in eine sogenannte Story geladen, wo sie 24 Stunden lang verfügbar bleiben und anschließend verschwinden (bzw. vermutlich auf irgendeinem Server gespeichert bleiben). Natürlich lassen sich auch Fotos in die Story einbauen, aber reine Diashows sind eher unbeliebt.

Videos und Fotos lassen sich mit Farbfiltern verändern, bemalen und mit Stickern, animierten GIFs und Emojis versehen. In beiden Fällen gibt es keine öffentlichen Kommentare oder Beifallsbekundungen wie etwa Likes. Und in beiden Fällen können sich Nutzer direkte Nachrichten zuschicken.

Auch in der Nutzung sind sich die beiden Apps ähnlich: Zur Erzeugung eines Videos drückt man den Aufnahmebutton dauerhaft; tippt man ihn nur an, entsteht ein Foto. Ein Doppeltippen auf den Bildschirm wechselt zwischen den beiden Kameras des Smartphones. Sieht man sich die Story eines anderen an, sorgt ein Tippen auf den Screen dafür, dass man einen Clip weiterspringt.

Für Unternehmen besonders wichtig: In beiden Fällen lässt sich feststellen, wie viele Personen einen Clip gesehen haben, wie viele im Laufe der Story wieder abgesprungen sind und – besonders interessant – wer die Clips gesehen hat. So lassen sich potenzielle Leads leicht finden. Inwieweit das DSGVO-konform ist, bleibt abzuwarten.

Kommen wir jetzt zu den Unterschieden der beiden Apps.

Snapchat

Zunächst zum Original. Natürlich ist aufgrund des Alters der App Snapchat weiter entwickelt als Instagram Stories. Ganz offenbar hat Instagram es auch nicht geschafft, gleich alles direkt zu kopieren. So fehlten anfangs wesentliche Funktionen, die den eigentlichen Reiz von Snapchat ausmachen:

Geofilter – Durch Wischen über den Bildschirm lassen sich – so vorhanden – Geofilter über Snaps legen. Geofilter geben an, wo sich der Nutzer gerade befindet und sind mal sehr hübsch und mal sehr grässlich gestaltet. Viele Städte und Orte bieten auch mehrere Geofilter an, teilweise sogar für einzelne Stadt- und Ortsteile, aber auch für Sehenswürdigkeiten und sogar für Veranstaltungen (die können Unternehmen kostenpflichtig buchen, was gar nicht mal so teuer ist). Geofilter können von Nutzern selbst geschaffen und eingereicht werden.

Linsen – Wohl der größte Spaß an Snapchat sind die offiziell Linsen heißenden, interaktiven Live-Gesichtsfilter, die über das Gesicht des Nutzers zum Beispiel Hundeohren- und -nasen legen, das Gesicht verzerren oder zwei Gesichter von nebeneinander stehenden Personen vertauscht. Snapchat tauscht diese Linsen regelmäßig durch und schafft periodisch neue, teilweise ziemlich verrückte Linsen. Auch hier gilt: Linsen können durch Unternehmen gebucht werden – das allerdings ist wirklich schweineteuer und nur von Großunternehmen zu stemmen. Entsprechend sind auch regelmäßig Filmstudios dabei, die auf ihre Neuveröffentlichungen aufmerksam machen. Das sieht dann etwa so aus:

Instagram Stories bietet mittlerweile auch Linsen an, doch diese wirken eher kühl und langweilig, vermutlich, weil sie technisch perfekt sind.

Augmented Reality – Was auf das Gesicht zu legen ist, lässt sich auch in die Umgebung kopieren. Mit einigen Snapchat-Filtern ist es möglich, auch ganz ohne Gesicht tolle Sachen zu machen. So können naturgetreu aussehende Dinosaurier durch die Landschaft stapfen oder das eigene Bitmoji (siehe dazu unten) lustige Animationsabenteuer erleben.

Geschwindigkeitskontrolle – Snapchat lässt seine Nutzer zwischen vier Geschwindigkeiten wählen, mit denen ein Snap abgespielt werden kann: normale Geschwindigkeit, langsame, schnelle oder sehr schnelle Geschwindigkeit. Das verändert natürlich die Tonlage und wird von erfahrenen Snapchat-Usern gerne benutzt, um eine Art Gesprächspartner in die Story zu schneiden, mit dem sich der Nutzer dann in einem vorgespielten Dialog unterhält.

Zusatz-Infos – Bei Snapchat lässt sich durch einfaches Wischen eine zusätzliche Information über den Snap legen, nämlich die Uhrzeit, die aktuelle Temperatur oder die Geschwindigkeit, mit der sich der User gerade bewegt. Über ein Werkzeug lassen sich diese Informationen koppeln.

Bitmoji – Snapchat hat die beliebten personalisierten Bitmoji-Sticker implementiert. So kann mein virtuelles Zeichen-Ich in meinen Snaps auftauchen, und wenn sich zwei Bitmoji-User bei Snapchat reziprok folgen, gibt es sogar gemeinsame Bitmojis.

Text-Bearbeitung – Lange hatte Snapchat bei der Bearbeitung von Text die Nase ganz klar vorne. Zum Beispiel ließ er sich – im Gegensatz zu Instagram Stories – auf verschiedene Arten formatieren und auch noch mehrere Farben in einem Wort einsetzen. Hier hat Instagram aufgeholt.

Multisnaps – Die Snaps bei Snapchat sind nur 10 Sekunden lang; Instagram Stories-Snaps bieten 50 Prozent mehr Zeit. Dafür aber können Snapchatter einfach den Aufnahmeknopf gedrückt halten und können bis zu sechs Snaps aneinander hängen – also steht de facto eine ganze Minute zur Verfügung.

Funktionen für Unternehmen

Neben den beschriebenen Spaß-Funktionen hat Snapchat noch zwei herausragende Funktionen, die für Unternehmen wichtig sind.

Content hochladen – Mit der Memories-Funktion hat Snapchat eine Möglichkeit eingeführt, älteren oder extern produzierten Content in die aktuelle Story einzufügen. Das geht bei Instagram Stories nicht. Erst mit dem neuen IGTV ist dies bei Instagram möglich geworden. Hier sind sogar 60 Minuten lange Videos möglich.

Downloads – Die komplette Story eines Tages lässt sich herunterladen und an anderer Stelle weiterverwenden, etwa auf YouTube, Facebook oder anderswo – zum Beispiel auf der eigenen Website, so wie ich das oben mit dem Ghostbusters-Filmchen mit einem einzelnen Snap gemacht habe. Ich selber archiviere alle meine Tagesstorys, so dass ich später darauf Zugriff habe. Das geht mit Instagram Stories nicht. Ich vermute allerdings, dass diese für Unternehmen wichtige Funktion schon bald nachgereicht wird.

Instagram Stories

Das Snapchat-Plagiat aus dem Hause Facebook hat allerdings auch einige Funktionen zu bieten, die sehr interessant zu werden versprechen (oder es bereits sind).

Clip-Länge – Die Videoclips innerhalb der Instagram Stories können bis zu 15 Sekunden lang sein, also fünf Sekunden länger als bei Snapchat. Das entspannt ganz schön, denn es kann ziemlich hektisch werden in den zehn Sekunden, die Snapchat den Nutzern zubilligt. Dafür – siehe oben – hat Snapchat den Vorteil der Multisnaps.

Malen – Die Mal-Funktion ist etwas ausgefeilter als beim Original, Snapchat. So gibt es drei verschiedene Marker-Arten, davon hat eine einen »Laserschwert«-Leuchteffekt. Bei allen lässt sich die Breite stufenlos verstellen. Auch die Nicht-Farben Schwarz und Weiß sind direkt zu finden, während man bei Snapchat dafür einen Trick benötigt. Die Farben sind leicht auszuwählen, allerdings nicht stufenlos wie beim Original.

Impressum – Die Impressumspflicht spricht ganz klar für Instagram. Bei Snapchat ist es nicht möglich, einen klickbaren Link im Profil zu hinterlegen, der auf das Impressum verweist, denn… es gibt kein Profil. Bei Instagram ist es selbstverständlich möglich (und für kommerzielle Nutzer auch Pflicht), den einzig verfügbaren Link in der Biografie für einen Link zum Impressum zu nutzen.

Reichweite schaffen – Bei Snapchat ist das Gewinnen neuer Follower aus unternehmerischer Sicht ein Alptraum – man muss mehr oder weniger von anderen Nutzern empfohlen werden, um neue Follower zu bekommen. Im Gegensatz dazu besitzt Instagram eine funktionsfähige Werbeplattform, in der um Nutzer geworben werden kann. Das geschieht im bekannten Facebook Werbeanzeigenmanager und stellt insofern für Social-Media-Profis kein Problem dar. Die Werbeplattform von Snapchat ist weniger bekannt und weniger intuitiv, außerdem ist Werbung bei Snapchat gefühlt etwas teurer als bei Instagram.

Auswertungen – Bei Snapchat kann ich zwar sehen, wer meine Snaps gesehen hat, ich weiß jedoch nicht, wie viele Menschen mir überhaupt folgen. Entsprechend kann ich lediglich über langfristige Beobachtungen in etwa einschätzen, ob eine Story gut oder weniger gut angenommen worden ist. Hier ist viel Handarbeit nötig. Bei Instagram hingegen wurde bereits 2016 der Business-Account mit umfassenden Analyse-Werkzeugen ausgerollt. Und schon jetzt weiß ich, dass ich 10 Prozent meiner Follower erreicht habe, wenn 100 Personen meine Story betrachtet haben und ich 1.000 Abonnenten habe.

Bekanntes Interface – Instagram kommt wie gewohnt daher, ergänzt durch ein paar Extra-Knöpfe. Die Eingewöhnung in die Nutzung von Instagram Stories fällt sehr leicht, wohingegen viele Menschen an der Nutzung von Snapchat verzweifeln. Die App mit dem kleinen Gespenst hat eine recht steile Lernkurve, was die Bedienung angeht.

Fazit

Derzeit sehe ich Instagram im unternehmerischen Einsatz leicht im Vorteil. Zwar ist Snapchat mit all seinen Spielereien definitiv die coolere App. Doch der Mangel an harten Fakten zur Erfolgsmessung, die fehlende Möglichkeit, schnell Follower aufzubauen und die zigfach größere Reichweite von Instagram sprechen für die Facebook-Tochter.

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